Liebe Leserinnen und Leser*,
ein Ausflug in die Berge, eine Reise mit dem Flugzeug – eigentlich Gründe zur Freude – wäre da nicht dieser Druck auf den Ohren.
Die Freude kann schnell getrübt werden, wenn die Ohren nicht so mitspielen, wie sie sollen. Denn jeder, der schon einmal Druck auf den Ohren erlebt hat, weiß, wie unangenehm dieser sein kann. Aber wieso genau entsteht Ohrendruck? Was kann man dagegen tun? Und was ist eigentlich ein Paukenerguss?
All diese Fragen möchten wir in diesem Patienten-Ratgeber für Sie beantworten.
Ihr Team von InfectoPharm & Pädia
*Alle Leserinnen und Leser sind uns unabhängig von ihrem Geschlecht gleichermaßen wichtig und willkommen. Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir in diesem Heft überwiegend nur eine Gender-Form. Wir danken für Ihr Verständnis.
Wir danken Herrn Dr. Christian Sieling, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, für die fachredaktionelle Unterstützung bei der Erstellung dieses Ratgebers.
Das Ohr lässt sich in drei große Bereiche untergliedern: den äußeren Gehörgang, das Mittelohr und das Innenohr. Das Trommelfell bildet eine Barriere zwischen dem äußeren Gehörgang und dem Mittelohr. Es hält Schmutz und krankmachende Erreger vom Mittelohr fern und überträgt den Schall. Im luftgefüllten Mittelohr werden die Schallwellen unter Mitwirkung der kleinen Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel auf das Innenohr übertragen.
Die Ohrtrompete, auch Tube oder Eustachische Röhre genannt, verbindet das Mittelohr mit dem Nasenrachenraum. Sie endet in etwa dort, wo die Rachenmandel sitzt, und sorgt für den
Druckausgleich zwischen Mittelohr und Nasenrachenraum. Hier gibt es keine Barriere wie das Trommelfell, sondern Muskeln, die für das Öffnen und Schließen der Ohrtrompete sorgen. Über die
Ohrtrompete kann außerdem Sekret, das von der Schleimhaut im Mittelohr gebildet wird, in den Nasenrachenraum abfließen.
Was ist eine Tubenbelüftungsstörung? Was ist ein Paukenerguss?
Bei Patienten mit einer Tubenbelüftungsstörung ist ein Druckausgleich zwischen Mittelohr und Umgebungsdruck nur eingeschränkt möglich. Die reguläre Belüftung des Mittelohrs wird wegen einer Öffnungsstörung der Ohrtrompete verhindert. Verändert sich plötzlich das Druckgefälle, also der Unterschied zwischen dem Druck im Inneren unseres Körpers und dem Druck in der Umgebung, kann der natürliche Druckausgleichsmechanismus versagen. Es kommt zum Phänomen „Druck auf den Ohren“.
Bei einem Paukenerguss handelt es sich um eine Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr. Diese Ansammlung von Sekret kann als Folge einer Tubenbelüftungsstörung auftreten: Durch den resultierenden Unterdruck im Mittelohr wird Flüssigkeit aus den umliegenden Geweben in das Mittelohr gezogen. Häufig tritt ein Paukenerguss auch als Begleiterscheinung einer Erkältung auf. Infektionen und Entzündungen können die Schleimhaut in der Ohrtrompete anschwellen lassen, was die Belüftung des Mittelohrs weiter behindert und somit eine Ansammlung von Sekret begünstigt.
Woher kommt die Öffnungsstörung der Ohrtrompete?
Die Ohrtrompete ist mit Schleimhaut ausgekleidet, die durch verschiedene Reize anschwellen kann. Dazu gehören etwa Erkältungen, chronische Entzündungen oder Allergien. Die Schwellung sorgt für eine Verengung der Ohrtrompete, wodurch der Druckausgleich erschwert wird.
Obwohl eine Tubenbelüftungsstörung alle Altersgruppen betreffen kann, tritt sie gehäuft bei Kindern auf. Bei den kleinen Patienten kann eine vergrößerte Rachenmandel ebenso wie eine Schleimhautschwellung der Ohrtrompete die Ursache für eine Belüftungsstörung sein.
Grundsätzlich besitzt der Mensch verschiedene Arten von Mandeln: neben den paarigen Gaumenmandeln (Tonsillen) existiert eine unpaarige Rachenmandel (Adenoide). Im Gegensatz zu den zwei Gaumenmandeln, welche seitlich im Rachen sichtbar sind, befindet sich die Rachenmandel im obersten Teil des Rachenraumes und damit im Bereich ganz am Ende Gesund Rachenmandel Öffnung der Ohrtrompete der Nasenhöhlen. Sie ist bei geöffnetem Mund normalerweise nicht sichtbar.
Vor allem bei Kindern gilt solch eine vergrößerte Rachenmandel als Hauptursache für Tubenbelüftungsstörungen, da sie den Zugang zur Ohrtrompete verlegen kann. Das bedeutet, die Rachenmandel schwillt an und verdeckt dadurch die kleine Öffnung vom Rachenraum zur Ohrtrompete. Ein Druckausgleich ist dann nicht mehr richtig möglich. Ein weiterer Grund für immer wieder auftretende Tubenbelüftungsstörungen bei Kindern kann aber auch die kindliche Anatomie der Ohrtrompete selbst sein: sie verläuft in jungen Jahren deutlich flacher und kürzer als bei Erwachsenen und macht es Keimen so leichter, zum Mittelohr aufzusteigen. Da sich die Rachenmandel bis zum Erwachsenenalter zurückbildet, liegen bei Erwachsenen mit Tubenbelüftungsstörungen häufig andere Ursachen wie beispielsweise chronische Entzündungen, Allergien oder starke Infekte der oberen Atemwege vor.
Welche Beschwerden können auftreten?
Typisches Symptom bei einer Tubenbelüftungsstörung bzw. einem Paukenerguss ist ein kontinuierliches Druckgefühl auf dem Ohr. Vor allem bei starken Druckunterschieden, z. B. beim Fliegen, Tauchen oder bei Fahrten in die Berge, treten die Beschwerden auf. Die Patienten klagen teilweise über ein verändertes oder vermindertes Hörempfinden, das mit „Hören wie durch Watte“ vergleichbar ist. Auch Schmerzen sind möglich.
Komplikationen
Bleibt die Belüftungsstörung unbehandelt, kann es wie bereits erwähnt zu einem Paukenerguss kommen. Die Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr behindert dann die Weiterleitung der Schallwellen vom Trommelfell zum Innenohr, wodurch das Hörempfinden gestört wird. Bleibt der Paukenerguss bei Kindern unentdeckt oder unbehandelt, kann das zu Schwerhörigkeit führen, die wiederum die Sprachentwicklung verzögern kann. Manchmal treten bei betroffenen Patienten auch Gleichgewichtsstörungen auf.
Außerdem können Tubenbelüftungsstörungen Vorläufer einer akuten Mittelohrentzündung darstellen.
Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen?
In folgenden Situationen ist es sinnvoll einen Arzt aufzusuchen:
Anhaltende oder häufig wiederkehrende Ohrenschmerzen
Fieber
Schwerhörigkeit bzw. deutliche Hörminderung
Bei Kleinkindern, die sich noch nicht mitteilen können, fehlende Reaktion auf Geräusche
Sprachentwicklungsverzögerung
Ohrgeräusche wie z.B. Pfeifen oder Rauschen
Schwindel
Ausfluss aus dem Ohr
Was können Sie bei einer Tubenbelüftungsstörung tun?
Der Druckausgleich findet in der Regel automatisch statt. Kommt es jedoch zu einem schnellen Druckunterschied, wie zum Beispiel
bei Start und Landung im Flugzeug, kann es sein, dass wir nachhelfen müssen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Druckausgleich aktiv herbeizuführen.
Druck, lass nach – Druckausgleich aktiv herbeiführen 1. Gähnen
Beim Gähnen und Schlucken werden Muskeln angespannt, die die Ohrtrompete öffnen. Sollte das Gähnen nicht auf Anhieb funktionieren,
reicht es auch schon, die Bewegung zu imitieren. Hierzu einfach den Mund weit öffnen und den Unterkiefer bewegen.
2. Schlucken und Kauen
Auch beim Schlucken und Kauen wird unsere Muskulatur in Anspruch genommen. Kaugummi kauen im Flugzeug ist deshalb eine geeignete Möglichkeit, um eine gute Durchlüftung der Ohrtrompete zu erreichen.
Es muss natürlich kein Kaugummi sein. Alles, was zum Kauen oder Schlucken anregt, ist geeignet. Wasser, Tee, Nüsse, Obst und Gemüse bieten sich hierfür an.
Säuglinge sollten bei Flugreisen beim Starten und Landen am besten durchgehend gestillt oder gefüttert werden. Die saugende Bewegung unterstützt Ihr Kind beim Druckausgleich. Alternativ kann auch ein Schnuller genutzt werden.
3. Valsalva-Manöver
Beim Valsalva-Manöver wird der Druckausgleich durch Ausatmen bei geschlossenem Mund und zugehaltener Nase herbeigeführt. Taucher nutzen dies beispielsweise regelmäßig, wenn sie tief abtauchen.
Fitness für die Ohren – Übung macht den Meister
Die Muskeln zum Öffnen der Ohrtrompete lassen sich trainieren. Regelmäßiges Durchführen des Valsalva-Manövers stärkt diese Muskulatur und kann die Belüftung des Mittelohrs verbessern.
Kinder haben oft Schwierigkeiten, das Valsalva-Manöver korrekt auszuführen, da sie noch nicht gut zwischen Mund- und Nasenatmung unterscheiden können. Um ihnen die Durchführung zu erleichtern, gibt es spezielle Nasenballons.
Diese werden an einem Kunststoffadapter befestigt, der an ein Nasenloch gehalten wird. Das andere Nasenloch wird zugehalten und der Mund geschlossen. Wird nun durch die Nase ausgeatmet, bläst sich der Ballon auf und es findet ein Druckausgleich statt.
Diese Methode ermöglicht es Kindern, den Druckausgleich spielerisch durchzuführen. Das erfolgreiche Aufblasen des Ballons bietet zudem ein motivierendes Erfolgserlebnis. Grundsätzlich sollte der Druckausgleich nicht schmerzhaft sein. Wenn Sie sich nicht sicher in der Ausübung sind, empfehlen wir Ihnen die Rücksprache mit Ihrem Kinder- oder HNO-Arzt.
Die Bewegungen beim Gähnen, Essen und Trinken fördern die Durchgängigkeit der Tuben.
Medikamentöse Therapie
Grundsätzlich gilt: Die medikamentöse Therapie muss je nach Ursache gewählt werden. Ihr Arzt ist hier der richtige Ansprechpartner und kann abschätzen, ob oder welche Therapie sinnvoll ist.
Helfen Ohrentropfen?
Ohrentropfen scheinen zunächst die naheliegendste Lösung bei Problemen im Ohr zu sein. Bei Belüftungsstörungen ist das jedoch nicht der Fall. Die Tropfen würden vom Trommelfell aufgehalten werden und die Ohrtrompete gar nicht erst erreichen.
Ohrentropfen können die Untersuchung und Diagnosestellung durch Ihren Arzt sogar erschweren und sollten nicht eingesetzt werden, wenn das Trommelfell bereits in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Tubenbelüftungsstörungen bei Erkältung
Kommt es im Rahmen einer Erkältung zu Tubenbelüftungsstörungen, helfen Nasensprays und Nasentropfen mit abschwellenden Wirkstoffen (z. B. Xylometazolinhydrochlorid). Sie sorgen dafür, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen und das Volumen der Schleimhaut abnimmt. Sie sind freiverkäuflich in der Apotheke erhältlich und für jede Altersgruppe entsprechend dosiert. Ordnungsgemäß angewendet können Nasensprays eine sinnvolle Unterstützung sein. Sie sollten jedoch nicht länger als eine Woche angewendet werden.
Ein milderes Mittel zur Abschwellung der Nasenschleimhaut sind hypertone Nasensprays auf Kochsalz-Basis. Sie ziehen Wasser aus dem Gewebe und wirken so der Schwellung entgegen.
Abschwellende Nasensprays und -tropfen sollten maximal 3-mal am Tag für maximal 5 bis 7 Tage angewendet werden. Bestehen die Beschwerden weiterhin, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Chronischer Paukenerguss bei Kindern
Sollte Ihr Kind häufiger oder dauerhaft von Paukenergüssen betroffen sein, kann Ihr Arzt, auch unabhängig von bekannten Allergien, eine Therapie mit Kortison-haltigen Nasensprays in Erwägung ziehen. Diese Nasensprays wirken dabei lokal einer Entzündungen im Nasenrachenraum entgegen und werden sehr gut vertragen.
Belüftungsstörungen durch Allergien
Allergien können eine Schwellung der Schleimhaut der Ohrtrompete verursachen. Dadurch wird die ordentliche Belüftung verhindert. Soweit möglich gilt deshalb für Allergiker, das Allergen zu vermeiden.
Ist das nicht ausreichend oder gar nicht möglich, kann eine Nasendusche mit Salzwasserlösung für Erleichterung der Beschwerden sorgen. Durch die Spülung wird der Nasenrachenbereich von den Allergenen befreit und befeuchtet. Die Nasenspülung sollte morgens und abends durchgeführt werden.
Zusätzlich können antiallergische Mittel in Form von Tabletten, Säften oder lokal wirkenden Nasensprays eingesetzt werden.
Glucocorticoide (Kortison) sind Arzneistoffe, die antientzündlich und antiallergisch wirken. Je nach Stärke der Beschwerden wird
Ihr Arzt die Gabe eines Glucocorticoids erwägen, meist in Form eines Nasensprays.
Chirurgische Behandlung
Bleiben die Beschwerden bestehen oder kommt es häufig zu Infektionen aufgrund der unzureichenden Belüftung des Mittelohrs, kann Ihr Arzt eine Paukendrainage in Betracht ziehen.
Bei der Paukendrainage wird ein sogenanntes Paukenröhrchen in das Trommelfell eingesetzt. Dieser kleine chirurgische Eingriff hilft, den Druckausgleich zwischen Mittelohr und Außendruck langfristig sicherzustellen. Durch einen winzigen Schnitt in das Trommelfell kann im Falle eines Paukenergusses zunächst die Flüssigkeit im Mittelohr entfernt werden. Anschließend kann ein Paukenröhrchen in das Trommelfell eingesetzt werden, durch das der Druckausgleich erfolgen kann. In der Regel verbleibt das Paukenröhrchen einige Monate im Ohr, bis es, meist unbemerkt,
von selbst herausfällt. Der Eingriff erfolgt bei Kindern unter Vollnarkose, bei Erwachsenen meist lediglich mit örtlicher Betäubung. Die Operation wird in Deutschland sehr häufig durchgeführt und ist schnell vorüber.
Eine neuere Therapiemethode ist die Ballon-Katheter-Dilatation, bei der im Rahmen einer kleinen OP der knorpelige Teil der Ohrtrompete durch Einführen und Aufblasen eines sehr kleinen Ballons gedehnt wird. Diese Behandlung wird bei äußerst hartnäckigen Fällen angewandt, findet ebenfalls unter einer kurzen Vollnarkose statt und kann eine nachhaltige Besserung bewirken.
Aufgrund der besonderen Anatomie mit oft vergrößerten Polypen (Adenoide) kann bei betroffenen Kindern auch die Entfernung der Rachenmandel (Adenotomie) eine chirurgische Therapieoption darstellen, um die Belüftung des Mittelohres zu verbessern. Im selben Eingriff werden dann meist auch die erwähnten Paukenröhrchen eingesetzt.
Fazit – Wissen auf den Punkt gebracht
Erkältungen, vergrößerte Rachenmandeln und Allergien gelten als Hauptursache für Belüftungsstörungen.
Eine anhaltende Belüftungsstörung kann zu einem Paukenerguss führen.
Die Muskeln, die für den Druckausgleich verantwortlich sind, können durch das Valsalva-Manöver oder einen Nasenballon trainiert werden.
Kau- und Schluckbewegungen können einen Druckausgleich herbeiführen und für eine gute Tubenbelüftung sorgen.
Abschwellende Nasensprays und ‑tropfen können bei einer Erkältung helfen, eine ordentliche Belüftung wiederherzustellen.
Allergiker sollten Allergene vermeiden. Außerdem kann eine Anwendung von antiallergisch wirksamen Medikamenten hilfreich sein.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser Broschüre viele hilfreiche Tipps für den Umgang mit Tubenbelüftungsstörungen und resultierenden Paukenergüssen geben konnten. Falls Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die Inhalte dieser Website speziell auf Deutschland ausgerichtet sind. Es gibt länderspezifische Unterschiede, so dass z.B. Preise abweichen oder Präparate, die Sie auf dieser Website finden, in Ihrem Land nicht oder unter anderen Namen verfügbar sein können.